Vorausschauende Liquidation: Zwischen „Vorratsbeschluss“ und Eintragungsverbot Liquidation, Zeitpunkt des Beschlusses
Case Study
In einem erfolglosem Start-up in Berlin beschließen die Gesellschafter Ende August, den Software-Stack zu verkaufen und zugleich – „da man ja gerade alle in Berlin versammelt hat“ – eine Liquidation der Gesellschaft zum 31. Dezember. Der Notar reicht Anfang September die Anmeldung zur Liquidation beim Handelsregister ein. Das Registergericht weist den Antrag mit der Begründung zurück, dass die Liquidation „zu einem künftigen Zeitpunkt“ nicht eintragungsfähig sei.
Der Kern: Keine Eintragung künftiger Ereignisse ins Registergericht
Der entscheidende Punkt für die Zurückweisung hat mit der Liquidation als solcher wenig zu tun. Es ist hier der Grundsatz der Registerpublizität betroffen: Das Handelsregister darf grundsätzlich nicht mit künftigen, noch nicht eingetretenen Rechtsverhältnissen oder Tatsachen gefüllt werden. Es soll den aktuellen Rechtsstand abbilden und nicht als Vorausankündigung fungieren.
Aus diesem Grund ist eine Anmeldung zur Liquidation, wenn der Beschluss erst auf einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt gerichtet ist (z. B. „Liquidation zum 31. Dezember“ bei Anmeldung im September), unzulässig. Das Registergericht muss diese Anmeldung zurückweisen. Die Anmeldung darf erst dann eingereicht werden, wenn der Zeitpunkt des Eintritts bereits erreicht ist oder unmittelbar mit der Eintragung verbunden wird. Die Eintragung hat nur deklaratorische Bedeutung und deshalb darf diese Tatsache auch erst eingetragen werden, wenn diese Tatsache eingetreten ist.
| Variante | Eintragung zulässig? | Begründung |
|---|---|---|
| Auflösungsbeschluss mit sofortiger Wirkung | Ja | Die Auflösung ist schon eingetreten; Eintragung ist deklaratorisch |
| Auflösungsbeschluss mit Wirkung zu einem zukünftigen Zeitpunkt | Nein (vor dem Eintritt) | Künftige Ereignisse dürfen nicht vorweg eingetragen werden |
| Anmeldung erst nach Eintritt des Zeitpunkts | Ja | Die Auflösung ist bereits eingetreten; deklaratorische Eintragung möglich |
Im genannten Fall ist der Gesellschafterbeschluss zwar wirksam, aber nicht schon „eingetreten“. Die Liquidation beginnt erst am 31. Dezember – deswegen kann eine Handelsregisteranmeldung im September abgelehnt werden.
Der Registereintrag dient der Transparenz und Publizität des gegenwärtigen Rechtsstandes. Das Eintragen zukünftiger Ereignisse würde die Funktion des Registers unterminieren und Risiken bergen – etwa, dass die Gesellschafter später den Beschluss rückgängig machen. Außerdem ist es die Aufgabe der Gesellschaft – und nicht der Registergerichtes – die Somit war die Zurückweisung aus Sicht des Registergerichts rechtlich korrekt.
Empfehlung: So gehen Sie bei vorgezogener Liquidation richtig vor
Damit ein solcher Fall nicht zum Stolperstein wird, empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
- Beschluss zur Auflösung fassen mit dem gewünschten Termin, das ist juristisch zulässig.
- Die Eintragung im Handelsregister aber erst nach Eintritt des Liquidationsbeginns (z. B. ab 1. Januar) vornehmen.
- Vor Anmeldung prüfen, ob alle übrigen Voraussetzungen (z. B. Bestellung der Liquidatoren, Gläubigeraufruf etc.) bereits erfüllt sind.
- Notar/Notarin frühzeitig einbinden, damit die Anmeldung rechtzeitig vorbereitet ist – aber erst eingereicht wird, wenn der Eintrittszeitpunkt erreicht wurde.
- In der Kommunikation mit Investoren und Stakeholdern klar darstellen, dass der Registerantrag formal zurückgestellt werden muss, aber der Liquidationsbeginn bereits beschlossen ist.
Damit umgehen Sie die Rückweisung durch das Registergericht und wahren zugleich die Publizitätsfunktion des Registers.
Wenn Ihr Mandant einen Liquidator benötigt, fragen Sie uns.
Weiterführende Fundstelle:
Deutsches Notarinstitut:
https://www.dnoti.de/entscheidungen/details/?tx_dnotionlineplusapi_decisions%5Bnodeid%5D=513e9b3e-8f02-4875-b80d-4c92fc4b8c18&cHash=e5907c7b35117019ed6b94a2b3890921
https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE220002269